Die Familien Grulich  Stammfolge   Richard I   Vitae Richard I   Richard II   Hans   Karl   Olga



                  Chronik der Familien Grulich                


Die Nachkommen von Richard Hermann I Grulich


XI.g. Generation

Grulich Olga Frieda

    * 08.05.1878 Augsburg, ledig, † 13.02.1964 Trautheim ,
    beerdigt in Höchst im Odenwald.

    1900 - 1913    Korrespondentin u. Buchhalterin zu London,
    1913 - 1915    bei der Lufthansa in Berlin
    1915 - 1935    bei der Lufthansa in Frankfurt a.M. .
    1935 - 1950    Capstadt/Südafrika, bei der Herrnhuter-Brüdergemeinschaft
    1950               wohnhaft: Höchst i.Odw., Schwanenstr.18
    02.01. 1960    Umzug in das Gästeheim Waldesruh
                           in Darmstadt-Trautheim   


Abschrift eines Tagebuchauszuges

Im Sommer 1911 verbrachte ich meinen Urlaub, wie gewöhnlich bei meinen Eltern in Halle und verliess alle in bester Gesundheit. Ein unglücklicher Zufall liess meinen Vater nicht mehr rechtzeitig auf den Bahnsteig zum Abschiednehmen kommen. Bis Magdeburg wurde es mir sehr schwer, nicht zurückzufahren, aber ich mußte am nächsten Tage wieder in London im Dienst sein. Unterwegs fiel mir dann auch noch ein, daß das folgende Jahr ein Schaltjahr sein würde und von da ab wünschte ich sehnlichst, daß der Schalttag erst vorbei sei.

Immer wieder kam das unangenehme Gefühl der Angst vor dem 29. Februar 1912 in mir auf, obwohl mir Tätigkeit und Freunde wenig Zeit zum grübeln ließen. Die Monate vergingen, die Nachrichten von zuhause waren immer gut, aber die Angst verlor sich nicht. - Dann am 26. Februar erhielt ich die Nachricht, daß Vater am 24. abends einen Schlaganfall gehabt habe, ich solle aber nicht kommen, um ihn nicht zu beunruhigen.

Am 29. Februar morgens um 4.30 Uhr sah ich mich an meines Vaters Bett, zusammen mit drei meiner Brüder und den beiden jüngsten Schwestern bei der Mutter stehen. Es war aber noch eine fremde Frau dabei. Als ich zum Büro kam, gab mir der Portier eine Depesche, deren Inhalt ich bereits kannte. Vater war um 4.30 Uhr entschlafen.

Als ich zur Beerdigung nachhause kam, fragte ich sofort, ob die von mir gesehenen Geschwister am Sterbebett gestanden hätten und ob da noch eine Frauensperson gewesen sei. Es war eine Krankenpflegerin gewesen, die Nachts mitgewacht hatte und die Geschwister waren auch sämtlich aus Düren, Berlin und Gera herbeigeeilt gewesen.

Olga Frieda Grulich, Höchst.


Briefe aus Capstadt von Ende 1947 bis 1950

33, Upper Orange Str., Oranjezicht, den 15. November 1947
Cape Town, South Africa

Liebe Gertrud, Dir und Maren herzlichen Dank für Eure Briefe vom 30.09.1947, die ich gestern, den 14.11. erhielt und schon heute beantworte, denn Ihr sollt auch einen geschriebenen Gruß fürs Weihnachtsfest erhalten, die anderen "Grüße" sind bereits unterwegs. Und zwar ein Päckchen mit Rauchwaren ab Schlachterei der Missionsstation Elim und eins von mir hier direkt an Kurt gerichtet, am 31.10. zur Post gegeben.; zur Ergänzung der Fettigkeit.

Es enthält je eine Büchse Milchpulver, Rindfleisch und Marmelade, 1 lb je von Graupen, Bohnen, Sago, Haferflocken, Nudeln, Linsen, zum ausfüllen noch 4 Waschlappen und ein kleines Täfelchen Schokolade.

Dieses für Karin in Erwiderung ihres Grußes an mich, über den ich mich riesig freute. So niedlich geschrieben und kurz gefaßt.

Nun hoffe ich, daß alles rechtzeitig ankommt und Euch die Festtage etwas verschönern hilft. Leider muß ich aber gleich dazu bemerken, daß ich die Elimer Pakete nicht wiederholen kann, sie sind eine einmalige Sendung durch meine diesjährige Gratifikation ermöglicht.

Eure Mutter in Kiel erhielt auch solches Paket mit Ergänzung von hier. Für Klein Richards mögen die Brüder seiner Frau in Amerika sorgen. Er soll auch öfter Pakete aus der Schweiz bekommen, von den Leuten, bei denen seine Kinder mal zur Erholung waren, so daß er nicht so schlimm dran sein dürfte.

Dein Mann hat ganz recht, die Reihe ist lang für mich und die Mittel sind leider viel, viel zu kurz für meinen Geschmack. Ich tät so gern viel mehr für Euch alle daheim. Wenn wir hier in den Sommer hineingehen, so tun wir's mit Angehörigen in der Heimat, doch mit recht gemischten Familien im Gedanken an Euch und Euren Winter. Möge er nicht gar zu streng werden und Euch zu schwere Lasten auferlegen, daß Ihr gut durchhalten könnt.

Nun zu Deiner Sorge wegen Timm. Ich weiß nicht, ob man Euch von hier aus raten kann, aber ich möchte, daß Ihr das wenigstens mal in Erwägung ziehen und Euch dort vernünftig beraten lassen könnt.

Eine Bekannter von mir war nach dem letzten Kriege in hoffnungsloser Vermögenslage. Seine Schwester, ebenso mittellos, heiratete einen Rechtsanwalt, der noch allerlei Verpflichtungen seiner Mutter usw. gegenüber hatte. Nebenbei bemerkt, hatte sie ihm den Heiratsantrag gemacht. Sie war ein recht nettes Mädel, junge Lehrerin mit verwitweter Mutter ohne Vermögen. Der wohl 15 Jahre ältere Mann fand Gefallen an ihrem frischen Wesen und forderte sie zu Spaziergängen auf, holte sie von der Schule ab, usw., so daß sie eines Tages fragte, was er sich denn denke, ob er irgendwelche ernste Absichten habe, denn sie könne sich doch nicht einfach ins Gerede bringen lassen, in ihrem Beruf sei das zu gefährlich.

So kam es denn zu einer recht glücklichen Ehe, an der ich mich auch noch so etwa 10 Jahre freuen konnte, da sie ihre Mutter, meine Freundin später ins Haus nahm, und sie war doch auch mit leeren Händen gekommen, ob sie ihre Studiengelder voll bezahlt hatte, weiß ich noch nicht mal.

Aber zur Sache, ihr Mann konnte damals dem Schwager auch noch nicht helfen, er hatte zu viel an sich hängen. So riet er denn, daß seiner Frau Bruder eine Lebensversicherung für einen entsprechenden Betrag aufnahm und sich dann das Geld lieh, um es später zurückzuzahlen. Die Police als Sicherheit gab, falls ihm etwas passieren sollte, ehe er abgezahlt hatte.

Natürlich mußte der geliehene Betrag und die Police ausreichend sein, um die Kosten gegenseitig zu decken, bis eine Rückzahlung erfolgt sein konnte. - Doch ich wiederhole, befragt Euch dort an Ort und Stelle, ob ein solcher Weg gangbar ist, damit Ihr nicht in Verpflichtungen hineingezogen werdet, die nachher zu drückend werden oder zu Weiterungen führen, die ich von hier aus nicht übersehen kann.

- Was macht Alf eigentlich? Was lernt er ? Kann er dem Bruder nicht helfen? Wir haben das ja doch auch so mit den jüngeren Geschwistern gehalten, weil bei uns die Reihe so sehr lang war und die Jungen ja immer schon zur Schule in Pension mußten, dabei sollten die Mädels doch auch was lernen.

 Daß Gert schon einen eigenen Hausstand gründen mußte! Kann er denn eine Frau ernähren? Was ist sein Beruf? Schade, daß er Euch nicht erst noch ein paar Jahre über die schlimmste Zeit hinweghalf. Aber man kann von hier aus natürlich wenig zu solchen Dingen sagen.

Im Augenblick bin ich mit meinen Mitteln so ziemlich erschöpft, denn meine paar Spargroschen darf ich nicht angreifen, damit ich nicht eines Tages selbst mittellos einsam im fremden Lande sitze. Ich stehe ja nun auch im 70. Jahre und da weiß man nicht, wie lange man noch wird arbeiten können. Jedenfalls bin ich froh und dankbar, es noch zu können und dürfen, und hoffe es noch so lange tun zu können, bis Ihr's dort alle doch wieder etwas leichter habt.

Kann man auch nicht viel helfen, aber ich denke, daß das Wenige, doch eine kleine Freude in Euer Leben trägt, und die könnt Ihr so gut brauchen, um wieder weiter zu schuften, denn arbeiten ist es ja wohl für Euch nicht mehr, wenn Ihr nur eben durchkommen wollt.

Sobald ich kann, werde ich mal wieder ein Päckchen absenden und vielleicht mal wieder Wolle beifügen oder was an alter Kleidung, was sich für die Kinder noch wieder herrichten läßt. Marens schöne Schuhe hatte ich natürlich geschenkt bekommen, denn ich trage so was doch nicht. Vielleicht habe ich mal wieder Glück mit so was.

Nun wünsche ich Euch ein gesegnetes Weihnachten und Neujahr und hoffe, daß 1948 doch endlich der Anfang einer besseren Zeit werden möge für unser deutsches Volk in erster Linie und die anderen dann auch. - Jetzt soll noch ein Brief nach Kiel fertig werden, damit die Festgrüße zur Zeit da sind . - So lebt denn Alle sieben herzlich wohl für heute und seid vielmals gegrüßt von Deiner Olga.

Liebe Maren, bitte mit diesem Brief vorlieb zu nehmen, denn ich habe zuviel um die Ohren. Es müssen noch acht Briefe dieser Tage steigen und dafür habe ich doch nur die Abendstunden. Dazu müssen die zwei Pakete wöchentlich auch des abends gepackt werden und für sich selber hat man auch so mancherlei zu flicken und machen außer dem Inordnunghalten des Zimmers und teilweise Selbstverpflegen, nur mittags esse ich außerhalb. So lebe ich schön billig und behalte mehr übrig für meine Hilfsarbeit. Vielen Dank für die Karte. Herzliche Grüße Deine Tante Olga



9, Queens Road, Tamboers Kloof, den 25.04.1948
Briefe erbitte unter: c/o P.O. Box 2408, Cape Town, South Africa

Liebe Gertrud,

vielen Dank für Deinen ersten Brief vom 11.1.48 und Ruths (Olga meinte hier eventuell Karin) Einlage. Ich habe mich recht darüber gefreut. Auch Maren bitte ich in Deinem nächsten Brief von mir zu grüßen und ihr für zwei Briefe mit den Festwünschen für Jahresbeginn und Ostern zu danken. Du siehst, ich bin umgezogen, was viel Mühe und Umstände machte, da ja Wohnungssuchen, packen, usw. alles in den Abendstunden geschehen mußte, dazu die Pakete für die Heimat und die erwarteten Briefe, die ich allerdings nicht schrieb, es ging einfach nicht.

Inzwischen sind nun drei Pakete an Dich abgegangen. Ich erhielt von einer Bekannten ein kleines Kostüm, was sich wohl für Ruth eignen dürfte, dann eine Jacke, einen Mantel und Hut für Deinen Jüngsten und im dritten Paket steckt ein alter Regenmantel, dessen beste Teile gewendet, vielleicht einen Hausrock für Dich ergeben. Das blaue, weisgetupfte Waschkleid eignet sich vielleicht für ein Schulkleid für Ruth, falls es als Hauskittel für Dich zu kurz sein sollte.

Aber du wirst ja am besten wissen, wie die Sachen zu verwenden sind. Vielleicht schreibst Du mir dann einmal, ob Dir mit derartigen Dingen gedient ist, oder ob Ihr dort auf Eure Bezugsscheine die Sachen wirklich erhaltet und so nicht so schlimm dran seid, wie in anderen Gegenden.

Viel bekomme ich ja nicht, aber ab und zu gibt's doch mal was von Bekannten, und diese Sachen suche ich möglichst gleichmäßig zu verteilen, so wie ich die Verhältnisse von hier aus ansehe. Jedenfalls hoffe ich auf diese Weise jetzt für Deine beiden Jüngsten die Mantelfrage gelöst.

Für Timms Anzug sehe ich leider keine Möglichkeit von hier aus. Meine Mittel sind bis zum äußersten angespannt. An Devisen erhalte ich nur L 5,-- pro Monat, und die sind festgelegt für Nahrungsmittelpakete nach Reusrath und Halle. Hier zu Lande kann man Kleidung, besonders Herrensachen zum Verschicken nicht erstehen. Da Letztere besonders so entsetzlich teuer sind, erhält man auch nichts durch Bekannte, es trägt eben jeder selbst alles bis zum letzten Faden ab. aber es gäbe vielleicht einen Ausweg.

Maren ist ja in Frankreich und verdient, könnte sie nicht etwas für ihren Bruder tun und ihm Anzugsstoff durch Care besorgen. Dazu ist erforderlich, daß sie den Gegenwert von 10,-- Amerikanischen Dollars an

The Secretary, Cooperative for American Remittances to Europe,
50 Broad Street, New York 4, N.Y., U.S.A.

sendet. Ich erhalten diese Devisen durch eine hiesige Bank und zwar die Niederländische, schreibe dann ein paar Zeilen dazu und bitte um Übersendung des betreffenden Pakets, im vorliegenden Falle würde das also: Material für einen Herrenanzug sein, an Herrn Timm Grulich, usw.. Timm könnte ihr ja später den Betrag wieder ersetzen, wenn er erst verdient.

In der Annahme, daß es nicht so lange dauern würde, daß Hilfe notwendig wird, hat man sich selbst vernachlässigt, aber jetzt muß ich mich wieder selber einkleiden, da kann ich leider nichts besonderes mehr tun, sondern nur die erforderlichen Lebensmittelsendungen, aufgefüllt mit etwa geschenkten Sachen nach Möglichkeit aufrecht erhalten.

Meine eigene Garderobe ist so ausgedünnt worden, daß da auch nichts mehr abzugeben ist. Ich würde ja gern mehr tun, aber es geht beim besten Willen nicht. Falls ich übrigens alte Hemden und Untertaillen einem Paket beigefügt habe, so dachte ich, man könnte die Hemden durch die Untertaillen oben erneuern. Ich trage nur noch die gewirkte Wäsche, die sich besser für das hiesige Klima eignet.

Aber ich muß schließen, es wird Zeit zum Abendbrot und nachher muß ich noch Bekannte in der Nähe aufsuchen, um ihnen zu sagen, daß eine gemeinsame Bekannte heute ins Krankenhaus zu einer Operation eingeliefert worden ist. Sie waren in Ferien verreist und würden sonst unnötig dieser Tage nach Sea Point fahren.

Hoffentlich treffen meine Zeilen Dich und die Deinen wohl und munter an und es geht bei Euch doch wieder bergauf. Grüße an Euch und Maren, Olga



9, Queens Road, Tamboers Kloof, 16. Dezember 1948,
Cape Town, South Africa

Lieber Kurt und liebe Gertrud,

habt herzlichen Dank für Euren gemeinsamen Brief, der mir besonders willkommen war, weil der mit dem Bilde Eures Vaters anscheinend verloren gegangen ist. Ich wunderte mich schon, daß ich so gar nichts auf die Pakete hin hörte und fürchtete, sie seien verloren gegangen. Hat sich das kleine Kostüm für Ruth (Karin) verwenden lassen.

Ja, daß die Menschen hier niedrige Hacken tragen sollen, wenn sie mir die Schuhe für meine Pakete schenken, kann ich ihnen nicht wohl gut sagen. War der teils zum Musterabschneiden auseinandergetrennte Mantel denn überhaupt noch verwendbar für einen Erwachsenen? Ich glaube nicht. Die Hauptsache für mich bleibt, Ihr scheint alles erhalten zu haben und verwenden zu können.

Inzwischen hat sich nun meine Versorgung mehr auf Euren Bruder Richard verschieben müssen, denn dem geht's ja leider besonders schlecht, während die lieben Brüder seiner Frau in Amerika keine Verantwortungsgefühl ihrer Schwester gegenüber zu haben scheinen.

Wüßte ich ihre Adresse, die hätten was von mir zu hören bekommen, was die Pflicht von uns Deutschen im Ausland ist, wenn wir nicht gerade selber am Hungertuche nagen. Aber Schwamm drüber, man ändert solche Leute doch nicht.

- Wie geht es bei Euch dort weiter? Deinen Jüngsten kannst Du übrigens beruhigen, seine Sachen hat kein Negerknabe, sondern ein weißer Junge getragen, sie waren also appetitlicher.

Wie heißt der kleine Kerl eigentlich und wie alt ist er?
Im übrigen haben wir hier keine Neger, sondern "Kaffern" mit ihren "Pfefferkörner-Köpfen". Dann kommt eine sehr starke Mischlingsbevölkerung, die "Braunen" oder "Farbigen" genannt, und die zahlenmäßig nicht sehr bedeutende weiße Bevölkerung , ca. 2,25 Millionen für das ganze große Süd-Afrika! Gegenüber, ich glaube 14 Millionen der anderen beiden Kategorien.
Paßten ihm die Sachen, außer Hut, eigentlich? -

Was macht Maren und wo steckt sie? Will sie ihre Zeit im Ausland verwenden, um die Sprache von Grund auf zu lernen und dann verwerten zu können, oder betrachtet sie die ganze Sache nur als vorübergehenden Broterwerb mit der Absicht weiter zu wandern und was von der Welt zu sehen. Im letzteren Falle soll sie ja nicht den europäischen Staub von ihren Füßen schütteln, denn hier z.B. kann man nur Leute brauchen, die irgend einen bestimnten Beruf haben, in dem sie was tüchtiges leisten. Die Zeiten der deutschen Mädels hier schnell wohlhabende Männer zu finden, sind längst vorüber. Es sind eine große Anzahl hier, die sehr nett und tüchtig sind, hier geboren, aber sie haben das erträumte große Los nicht gezogen.

Als ich jung war, suchte man Mädels zum Heiraten. Ich weiß noch, daß in Köln eine Bekannte von mir sich damit einen Jux machen wollte, an dem ich jedoch keinen Anteil haben mochte, und so blieb es.

Wie hat sich Deine Sache, lieber Kurt, weiter entwickelt? Hast Du wieder Aussicht, in Deinen alten Beruf zurückzugehen oder wirst Du weiter im jetzigen bleiben?

Wie geht es Euch allen gesundheitlich? Ich hoffe recht gut. Haben Gerth und Alf nun ihre Ausbildung abgeschlossen oder steht die Endprüfung noch bevor?
Wenn ich auch wenig Zeit zum Schreiben behalte, so ist meine Teilnahme für die Familie doch die alte geblieben. - Was machen Deine Eltern, liebe Gertrud?
Wie geht es bei Deiner Schwester? Sind sie noch auf der Försterei? Aber der eigentliche Zweck meines heutigen Briefes ist ja, Euch ein frohes Weihnachten und gesegnetes neues Jahr zu wünschen. Möge 1949 Euch wieder mehr Freude bringen, als die letzten Jahre. Euch vor allem die Gesundheit erhalten und Euch im allgemeinen bessere Zeiten bescheert.

Als materiellen Festgruß ließ ich folgendes Päckchen an Euch abgehen: je ca 2 lbs Zucker, Cervelatwurst, 1 ½ lb Kakao, 1 lb Dripping (zum Gemüseschmelzen), je ½ lb Thee, Rosinen, Pflaumen, 1 Stück Seife, 1 lb Sago und für die beiden Kleinsten je eine Tafel Schokolade und 3 Taschentücher. Hoffentlich kommt alles gut und rechtzeitig an und hilft Euch das Fest ein wenig abwechslungsvoller im Speisezettel zu machen.

Ich erhielt schon allerhand Festgrüße aus der Heimat, die ich mir zusammen hinlege, um sie am Weihnachtsabend alle noch wieder durchzulesen. Hoffentlich hat man bei uns hier im Hause nicht den üblichen Lärmbesuch. Ich bin gern still zu hause und freue mich der Nachrichten von Daheim, lese auch gern ein Stündchen. Aber etwas ruhig und würdig feiern, liegt den Menschen hier nicht. Entweder man ist stocksteif und kirchlich im Feiern, oder geräuschvoll und ausgelassen. Am Sylvesterabend ist es besonders der reinste Carnevalstrubel. Auch den Abend werde ich möglichst ruhig zu hause verbringen und all meiner Lieben in der Heimat gedenken. Sonst will ich einige gute Bekannte besuchen in den Festtagen.

Bei Euch mit den Kindern allen wird hoffentlich die echte, fröhliche Weihnachtsstimmung ungestört herrschen können. Nun wünsche ich Euch allen nochmals alles, alles Gute für die Festzeit und das kommende Jahr -

Eure Tante Olga 


2b, Hillside Road, Tamboers Kloof, den 08.12.1949 Cape Town, South Africa

 Meine Lieben,

das ist ein Sammelzettel, um Markensammlern in der Familie die Gelegenheit für den Besitz der "Monumentmarken" richtig abgestempelt zu geben. Ich selbst kann mir die Reise natürlich nicht leisten, aber eine Bekannte versprach die pünktliche Ablieferung am 16.12.1949 beim Monument selbst.

Alles Gute für 1950 und herzliche Grüße Eure Tante Olga.

Liebe Gertrud, Ihr werdet staunen zu hören, daß ich nun doch hier abbauen will, es dürfte an der Zeit sein. Wenn alles gut geht, hoffe ich Mai/Juni nach Höchst im Odenwald zu Tante Else zu gehen.

Halle ist einstweilen nicht ratsam, so gern ich zu den Tanten dort ginge. Es ist ewig lange, daß wir nichts von einander hörten. Aber ich war nach dem Dienst zu faul, um viel zu schreiben.

54 Dienstjahre sind wohl auch ganz reichlich, um nun etwas mehr ruhebedürftig zu sein. Aber wenn ich erst Feierabend habe, hoffe ich wieder mehr auch von Euch zu hören, ja Euch auch vielleicht noch mal wieder zu sehen nach den 15 Jahren hier draussen.

Ihr habt wohl auch Eueren Kampf mit dem Leben und nicht allzu viel Zeit für Korrespondenz, zumal ja wohl Maren und Alf mit Briefen zu bedenken sind. Wie geht es Euch Allen? Ist Kurt's Angelegenheit endlich so geklärt, daß er zum alten Beruf zurückkehren konnte? Ich hätte es ihm sehr gewünscht. Für Weihnachten komme ich zu spät, so wünsche ich ein schönes Fest gehabt zu haben. Für 1950 und noch recht viele Jahre alles Gute.

Mit herzlichen Grüßen an Euch Alle Deine Olga


Die Familien Grulich     Richard I    Vitae Richard I    Richard II    Hans    Olga