Die Familien Grulich   Das Familienwappen   Herkunft   Vorgeschichte des Geschlechts   Stammfolge   Ahnenspitzen von Knut Grulich   Richard I   Vitae Richard I   Richard II   Hans   Olga   Karl   Die Damsdorfer   Namensvetter   Die Stadt Grulich   Geschichte Pommerns

 

  Chronik der Familien Grulich

Aus dem Leben eines pommerschen Landpfarrers (1667 - 1712)

von Paul Oskar Grulich (1872 - 1950)

 

Dieser Abschnitt ist eingefügt , um ein Bild von den Verhältnissen zu geben, unter denen ein Geistlicher zur Zeit Johannes Grulichs in Pommern lebte. Zugrunde gelegt sind Lebensschicksale des Onkels von Johannes, Jakob Grulichs, von dem uns eine Reihe von Einzelheiten überliefert ist.

Als sechstes Kind von Jost II und Ursula, geb. Stylow wurde Jakob am 06.10.1636 in Stolp getauft.

Am 23.03.1657 ließ er sich in Greifswald als stud. theol. immatrikulieren. Noch lange hielt er die Beziehungen zu seiner Heimatstadt aufrecht. Wir finden ihn in den Stolper Kirchenbüchern verschiedentlich als Paten aufgeführt und zwar in den Jahren 1659 - 1663 als stud. theol., von 1671 - 1773 ohne Bezeichnung und von 1683 - 1699 als Pastor Pustminensis.

In Pustamin, einem wenige Kilometer westlich Stolp gelegenen Orte, war er am 15.03.1667 "ordentlicherweise vociert", am 19.04. "odiniert und instruiert" und am 02.07. eingeführt von dem Herrn Präpositus M. Petro Zimmermann in Stolp. Daneben hatte er die Gemeinde Pennekow als Filiale mitbekommen.

Bei seinem Antritt legte er ein neues, noch jetzt erhaltenes Kirchenbuch an mit folgender Überschrift:

Auspice Jesu!

Verzeichnis der Kinder, welche aus meinem Kirchsiel sind getauft worden von mir, Jacobo Grulichio, Pastore zu Pustamin und Pennekow,

Anno 1667.

Verheiratet war er mit Elisabeth Rathke, die ihm 4 Kinder schenkte, Ursula, Michael Christian, Agnes und Anna Katherina, doch sind die Geburtsdaten nicht bekannt. Der Pastor in Pustamin hat sie angeblich nicht gefunden.

Seine letzten Lebensjahre sind ihm wohl durch ständige Streitigkeiten mit seinem zweiten Patron, Christian von Below, verbittert worden. Anscheinend hat er dabei etwas unter dem Einfluß seiner Kinder gestanden, die zweifellos dazu beigetragen haben, das Verhältnis zum Kirchenpatron zu verschärfen. Hieraus erklärt sich folgendes Urteil seines Präpositus Sprögel in der Beschreibung des Stolischen Synodi vom 02.02.1710:

Der jetzige Pastor ist Herr Jacobus Grulichius, ein Mann bey 70 Jahren, so seinem Amte vorzustehen Alters halber unvermögend ist und möchte die Stelle wohl schon längst mit einem Substituto oder Adjuncto versehen seyn, wenn nicht ein so grosser Widerwille zwischen dem Patrono un dem Pastori bestende."

Wenige Jahre nach dieser Äusserung, 1712 gab Jakob sein Amt auf und zog wohl von Pustamin fort. Wahrscheinlich wird er kurz darauf gestorben sein. Seine Frau war noch im Oktober 1720 am Leben, denn um diese Zeit beschwert sie sich beim Consistorium, daß der Nachfolger ihres Mannes ihr das Vitilitum nicht zufließen lasse und sie bittet:

"Mir altem armen Weibe auf das Stipuliente, welches ex Aktis zu ersehen, einperpetuum Executorium alsbald zu erteilen und dem Landesreuter zu Stolpen, Johann Dauderthen zu commitieren, daß er solches ungesäumt per executionem abfordern solle."

Die näheren Einzelheiten verdanken wir verschiedenen Aktenstücken, die im Stettiner Staatsarchiv aufbewahrt werden.

In der "Matricula der Kirchen zu Pustamin" ist der alte, einfache Kirchenbau eingehend beschrieben, von "dem gut geschnitzten, aber nicht angestrichenen Altar" bis zu dem "Messingschen Taufbecken, so des jetzigen Herrn Pastoris Mutter (Ursula) der Kirchen verehrt.

Das Einkommen Jakobs setzte sich folgendermaßen zusammen: "Auf der ? stehn ein Haus von 6 B.....(nicht leserlich) ein Kröper, an der Hinterstube und vorn am Haus sind zwei Erker ausgebaut. Ein Thorhaus von Dorfwärte von 10 B...?, an jedes Ende ist ein Ställchen angebaut. Eine Scheune von 6 B...den und zwei Krögel, ein Backhaus von 4 B... und ein Krögelein.

Ein Thorhaus nach dem Seewärts von 5 B...

Länge der Straßen vor seinem Thor ein Deich. Ingleichen das Backhaus und Thorhaus von Dorfwärts wie auch die Scheune im Dach und ... fertig gehalten. Die anderen Zimmer aber, als die Kathe und das Hinterthorhaus unterhält Ehrenpastor von seinem eigenen.

Das Hankelwerk (Zaun) wird gleichfalls von den Pustaminschen und Pennekowschen zugleich unterhalten, wie es denn absonderlich vermälet ist. den Strauch aber um den Hopfen- und Pfansgarten, wie auch auf Ehrenpastors Stücke außer der Trift, so die Instleute und Handwerker zäunen, wird von Herrn Pastors Leuten angeführt und gefertigt.

Zwei Hackenhufen Landes, worin auch die Wersen belegen, so Ehrenpastor mit seinem eigenen Vieh und Gesinde muß bearbeiten lassen und sind darauf jetzigen Herrn Pastori 45 Strgn. Roggen in landesüblichen Bande und außer demselben nicht mehr an Korn geliefert werden.

Wenn Mast in der Holzung vorhanden ist, hat er frei 5 große Schweine darin zu treiben. 22 Fuder Brennholz sosllen Ehrenpastor von den Unthertanen zu gewissen Zeit angeführt werden. Wenn er auch die Herren Patrones begrüßet und etwas Nutzholz zu den Instrumentis prädrialibus, wird ihm solches von G. Patronen Holzwärtern aus- und angewiesen und er hat sich der freien Holzung nicht anzumaßen. Das Rindvieh und Schweine werden frei mitgefüttert.

An Meßkorn giebt dieses Dorf Pustamin 3 Drömmel = 2 Scheffel Roggen Stolpisches Maß, so folgendermaßen beigetragen werden: von dem Oberhofe 7 Scheffel, Unterhofe 5 Scheffel, Jürgen Voss 13/4 Scheffel, Hans Popenfut etc..

Würde aber die Vermessung der Bauernäcker vorgenommen, und jeder Bauer dem anderen in Landungen gleichgemacht werden, welches fürderlich geschehen soll, alsdann soll die Gleichheit dieses ob bedeutete Meßkorns also eingerichtet werden, daß auch dem Herrn Pastori an seiner ganzen Summe vorberührten Messkorns nichts abgehen solle und würde alsdann jeder Bauer geben müssen 1 1/2 Scheffel und ein gutes halbes Pfund Roggen.

An Accidentien hat er außer obigen von den Unterthanen zu erheben:

   9 Lübische von Brautleuten zu publizieren,

27 Lübische von dieselben zu kopulieren,

18 Lübische für eine Leiche vom Hause zu singen,

9    Lübische, wenn allein die Ceremonien auf dem Kirchhofe  verrichtet werden,

6    Lübische von einem Kranken zu berichten,

3    Lübische für eine Vorbitte,

3    Lübische für eine Danksagung,

1    Reichsthaler für einen Leichensarmon,

3    Lübische zum Taufen,

2    Lübische für die Konfirmation eines jeden Kindes.

1    Bamberger als Beichtgeld von jeder Person.

4    Lübische als Pröven von dem Ganzen und

2    Teile von dem 4 Zeitenpfennig.Tertia pars gehört der Kirche. Arrhendarii, fremde Schäfer oder andere freie Leute geben nach eines jeden Beschaffenheit noch eins so viel.

3  Lübische von einer Kirchgängerin.

Ein jeder Bauer gibt auch 2 Brote, eine halbe Gans, auch eine Stiege Eier. Kossaten und Instleute geben 1 Lübsch, 1 Brot, eine halbe Gans und eine Stiege Eier.

Die vorstehenden Bestimmungen sind am 09.08.1670 mit dem Patron M. von Below vereinbart.

Im Jahre 1701 wurde Jakob in einen Hexenprozess verwickelt, wie sie trotz des Sieges der Reformation bei dem vielfach herrschenden Aberglauben noch häufiger vorkamen.

In Pustamin hatte Trina Papisten gewohnt, die in erster Ehe mit dem Schmiede Martin Nipkow, in zweiter Ehe mit Meister Zimmermann verheiratet war. Der Senator Holz mit Frau, ein gewisser Splittströsser mit Frau und Dienstmagd Selitzen hatten gegen sie schwerwiegende Anschuldigungen erhoben. Die ersten sagten aus, daß, als Trina in ihrem Hause gewesen sei, eine Karte von der Wand gefallen sei, die ein Beil mit heruntergerissen habe. Splittstösser gibt an, daß Trina bei ihm gewesen sei, um etwas zu borgen. Er habe es aber abgeschlagen.

Am Tage darauf seien ihm die Pferde durchgegangen und hätten seinen Knecht überfahren. Auf diese Aussagen veranlaßte der Rat nichts, griff die Sache aber wieder auf, als der Apotheker Zienecker aus Stolp behauptete, daß Trina doch eine Hexe sei, "weil zwei abgethane Hexen zu Lossin, als Andreas Bolduans und Hans Bugdans Weib, auf sie bekannt."

Nunmehr fragt der Rat am 21.04.1701 bei Jakob Grulich an, wie sich die Frau verhalten habe, "ob einiger Verdacht der Zauberey oder gar Bekenntnis auf sie allda gewesen? Damit danach Maßregeln getroffen werden könnte."

Er antwortete, daß er nicht wisse, ob sie in Pustamin gewesen sei und bösen Leumund gehabt, solcher Verdacht würde zweifellos anderwärts aufgekommen sein. Er könnte nach Pflicht und Gewissen nichts anderes berichten (am 23.04.1701). Bald darauf ordnete die juristische Fakultät in Frankfurt a.O., der die Sache übertragen wurde, eine genaue Untersuchung an des früheren Lebenswandels, und so wurde Jakob Grulich nochmals befragt, welchen Umgang die Angeklagte dort gehabt hätte.

Aus dem Antwortschreiben erfährt man, daß "die Angeklagte auch mit einer Bauersfrau Lüttewitz umgegangen sei, welche nochmals neben seinem Pfarrhause gewohnt und eine berüchtigte Person war, auf welche schon drei bis viermal erkannt sei. Sie sei aber anno 1699 an der damals grasierenden Hauptkrankheit in der stillen Woche gestorben und am 20.04. in Pustamin begraben worden."

In einer Sitzung des Rates wurde die Angelegenheit erneut behandelt und die Trina Papisten in das Gefängnis gebracht aufgrund der Aussage, daß ein reicher Teufel mit ihr umgehe, esse und trinke, aber dem Volke würden die Augen geblendet, daß ihn keiner sehen könne. Die Anklageschrift beantwortete der Advokat Laurentius Flatow in einer 9 Bogen langen, prächtigen Verteidigungs-schrift, die folgendermaßen schließt:

Das Ganze ist also ein abergläubisch Werk; jüdisch, türkisch, heidnisch ist es nicht; weislich ist es nicht, so ist es gewiss teuflisch und nicht menschlich."

Die Verteidigung nutzte aber nichts. Die Rostocker Fakultät entschied, daß die Hexe mit mäßiger Tortur zu belegen, wenn sie aber nicht bekennen wolle, scharf zu befragen sei. Der Versuch ihres Mannes, Klage beim König zu führen, wurde abgelehnt, weil die Pommersche Hofgerichtsordnung diesen Weg nicht kenne.

Nun beginnt eine schamlose Quälerei. Am 11.07.1701 wurde sie entkleidet, nachdem sie sich für unschuldig erklärt hatte. Der Scharfrichter fand verschiedene verdächtige Zeichen an ihrem Körper, "welche er mit der Nadel, indem er eine solche über einen halben Finger hineingesteckt, untersucht, ohne daß sie bluten, sondern, da er die Nadel herausgezogen, die Löcher offen stehen geblieben, wo er aber sonst nebenbei gestoßen, hat sich Blut gefunden."  Nunmehr war also erwiesen, daß sie Teufelszeichen habe. Es wurden ihr Beinschrauben angelegt und ganz zugezogen.

Sie leugnete aber weiter und entfloh aus dem Gefängnis, "anscheinend, um sich in der Stolpe zu ertränken". Sie wurde aber wieder zurückgebracht und verwundete sich dann selbst mit einem Stein schwer am Kopfe. Bei einer neuen Vernehmung bekannte sie sich in ihrer Verzweiflung schuldig und gab an, daß sie zu Pustamin, ehe sie diesen Mann genommen, von einer gewissen Lüttewitz, welche schon tot sei, zaubern gelernt habe, daß sie drei Geister namens Peter und Jürgen und Claus habe und , daß ihr zum Patenpfennig Äpfel gegeben wurden. Die Geister hätten sie von der Lüttewitz, der Trine Buchdans und eine, so schon tot, bekommen.

Tage darauf bekannte sie unter weiterer Folter, daß sie noch vier Geister habe: Martin, Michael, Gregor und Lucas, die in Gestalt eines schwarzen Hundes und eines Ziegenbockes ihr erschienen wären. Im Bache von Kublitz sei sie umgetauft, nachdem sie bei einem Verör durch die Geistlichen allein ihre Angaben widerrufen, bei zwei weiteren Torturen aber wieder bestätigt hatte, wurde das Urteil gefällt. Es lautete folgendermaßen:

"In peinlichen Sachen und angestellter Inquisiten von Amtswegen wider Triene Papisten, Meister Andreas Zimmermann Eheweib, erkennen und sprechen wir, Bürgermeister und Rat der Königl. und Churfürstl. Brandenburgischen Stadt Stolp allhier, auf die durch die scharfe Frage ausgebrachte und nochmals ratificierte Bekenntnis vor Recht: daß peinlich eingezogene Triene Papisten, wegen gerichtlich bekannter erlernter und gebrauchter Zauberey, empfangen teuflichen Umtaufe, unnatürlicher Vermischung mit den Geistern, wie auch unterschiedlichen   an Vieh zugefügten Schadens, mit dem Feuer vom Leben zum Tode zu strafen, wie wir denn hiermit sie dazu verdammen und dem Scharfrichter zur wirklichen Execution solcher Strafe übergeben. Alles von Rechtes und peinlichen Gerichtes wegen. Publicieret Stolp, d. 30.08.1701."

Noch im Jahr 1781 wurde bei Bütow ein ähnlicher Hexenprozess geführt. Zur gleichen Zeit wurden in der Umgebung drei weitere Hexen verbrannt.

Aus zahlreichen noch erhaltenen Beschwerdeschriften und Vernehmungen erhalten wir einen Einblick in die Streitigkeiten, die dem alten Jakob die letzten Lebensjahre verbitterten. Mit seinem ersten Patron, Herrn Kasper von Below und dessen Schwester Marie scheint er in gutem Einvernehmen gelebt zu haben. Dagegen stand er mit dessen Nachfolger Christoph und dessen Frau in sehr gespanntem Verhältnis. Die erhaltenen Akten beginnen mit dem Jahre 1708 als Jakob also bereits 72 Jahre alt war.

Der erste Anlaß zu einer Klage, der sich weitere Beschwerden anschlossen, war folgender:

Herrn von Below war ein Hofmeister, Hans Purow aus dem Dienste entlaufen. Jakob hatte ihn auf einem Kathen untergebracht und geschützt. Auf die Aufforderung von Below, den Mann auszuliefern, erhob Jakob Klage beim Landgericht. Bei dem angesetzten Verhör erschien er aber nicht. Er erhielt daher eine neue Zustellung, auf die er antwortete: "Er hätte nicht vermeint, daß Herr von Below so etwas wider ihn tun würde. Wenn er solches gewußt , würde er ihn lange von dem Seinigen auch Ehre und Redlichkeit gebracht haben und hätte gar nicht nötig, vorm Landgericht zu stehen." Nunmehr wendet sich von Below im April 1708 an das Konsistorium und bittet, die Sache dem Fisco zu übergeben und untersuchen zu lassen. Im besonderen beschwert er sich, daß

1. Ehren Pastor den Hans Purowen contra Präceptum und contra die Gesindeordnung in Dienst genommen und Schutz versprochen, nemlich einen Menschen, dess Namen es wohl  gar, anderen zum Abscheu, ans Halseisen zu  schlagen berechtigt gewesen sei.

2. Einen Menschen, der sich außer Landes copulieren lassen, wenn er überhaupt mit  seinem Weibe vertraut sei

3. ..., daß er dem Kerl allen Vorschub und Beihülfe getan, daß er ihm auch einen freien Paß vor die Werbung von Kgl.  Kommissariat (n.b. zum Mititärdienst)  auswirken helfen.

4. Daß G. Pastors Sohn so gar injurieuse - it venia - von Hundsvöttern gesprochen auch dreuworte auch ausgestoßen besage  copeylicher Beilage sub.C.

5. insgleichen, daß der Pastor eine so große ehrenkränkende Relation gegeben, wie er mich längst von allen den Meinigen, von

Ehr- und Redlichkeit hätte bringen können, welches ja gegen das wahre Christentum,    die christliche Liebe, Sanftmuth, ja gar wider die conduite eines honetten Menschen  verläuft.

Dem Schreiben fügt von Below die Vernehmung einiger Zeugen bei, die unter anderem über das Benehmen von Jakobs Sohn, des Studiosi Michael Christian Grulich folgendes aussagen:

.."und hatte noch dazu des Herrn Pastors Sohn aus Vorwitz sich sehr prostituiert und unter anderem mit sehr ehrenrührigen Worten um sich geworfen - sitvenia - Vor Hundsvötter, Schurken, nach Hause, nach Hause mit euch Hurentröstern.

Worauf der Herr von Below geantwortet: Nicht so hoch, Herr Michaelis, was schimpfet Ihr?

Ille: Ey, ich wußte nicht, daß ich einen so ehrlichen Mann vor mich hätte.

Darauf Herr von Below mit dem Degen in der Scheide nach ihm schlagen wollen, der Studiosus wäre nach dem Thore gewichen und gesagt: er solle man näher kommen, er wolle sich schon rächen.

Testis addit: Das der Kirchenvorsteher Lemme zu ihm gesagt, daß er vorgestern zu des Herrn Pastoris Sohn gekommen, der ihn gefragt, ob er auch wolle ein Verräter sein. Ille: Nein, darauf der Studiosus gesagt, er solle nur den Bauernknechten sagen, sie sollen ihm vom Hofe bleiben, oder er wolle einen schießen, daß ihm der Dampf aus dem Halse gehen sollte und, wenn es auch der Herr selbsten wäre."

Etwas später, im Mai 1708, wendet sich Jakob Grulich ebenfalls an das Konsitorium mit folgender Eingabe:

Von Ihri Königl. Majestät in Preussen zu der Hinterpommerschen und Camminschen Geistl. Konsistorio hochverordnete Herren Direktor, Gen. Superintendent und Räthe.

Hochwürdige, wohlgeborene, gestrenge, wie auch hochedle, veste und hochgelehrte, hochgeehrte Herren.

Es hat der Herr Christoph von Below in Pustamin Erbsassen, mein Paronus, in meinem hohen Alter mir und den meinigen in diesem Jahre allerhand Verdruß, Herzeleid und Gewaltthätigkeit zugefügt, daß ich bin auch genötigt worden, vor dem Kgl. Landgericht in Stolp über ihn Klage zu führen. Wenn aber mein Forum ordinarum ein Hochw. Consistorium ist, so habe fürnemlich zu demselben meine Zuflucht nehmen wollen, und, weil ich in meinem Alter mit beschwerlichen Prozessen gern verschont wäre:

So gelangt an Ew. Hochw., Wohlgeb., Gestr. und Hochedle Gunsten mein unterdienstl. Bitten, die Sie geruhen wollen, Sr. Hochw., dem Wohlgeborenen Herren Hofrath und Hauptmann zu Rügenwalde, Caspar Otto von Massowen und seiner Wohlehrwürden, meinem Herrn Präposito unseres Stolpischen Synodi, Sprögeln die Sache zu committieren, daß sie in einem fordersamsten Termino dieselbe gründlich untersuchen, und in ? der Güte pflichtmäßige Relation?mögen, damit ich mein Alter in Frieden und Ruhe zubringen könne und mein heilig Amt nicht mit Seufzen und Thränen verrichten müßte.

Ich getröste mich gnädiger Erhörung meiner der - und wehmütigen Bitte, protestiere de expensie frivole causatis und veharre

       Ew. Hochw., Wohlgeb., Gestr. und Hochedlen Gunsten zu Gebet und Diensten höchst Verbundenster

       Jakob Grulichius,  Pastor zu Pustamin und Pennekow.

Die Streitigkeiten scheinen auch auf die Weiblichkeiten übergriffen zu haben, denn Jakobs Tochter Agnes, eine anscheinend recht temperamentvolle junge Dame richtete folgenden Brief an Frau von Below:

Jesum zum Gruße, wohlgeborene Frau!

Es wundert mich sehr, daß Sie so viel liederliche Dinge anfangen, zumahle ihr Mann schon viel eingebrocket, doch aber noch nicht genug, es kömmt von Tag zu Tag mehr dazu. Da er gestern an dem heiligen Feiertage nicht ruhn konnte, sondern den Verdruß noch größer machte, da er seine unbedachte Boßheit an der schwangeren Frauen verübte, da die arme Frau sich über die Unbesonnenheit sehr erschrocken, daß sie itzund totkrank daniederliegt. Entsteht daraus ein Unglück, so haben Sie es zu verantworten. Da doch die Bank uns gehört und nicht Ihnen; da wir sie von unser Geld gekauft haben, also haben wir darüber zu gebieten und Sie garnichts.

Wenn wir unser Geld wieder kriegen, so wollen wir uns der Bank entsagen.

(n.b.) Jakobs Frau hate einer Frau einen Platz auf ihrer Kirchenbank angeboten, von der sie von Below wieder fortgejagt hatte.)

Es ist mir auch zu Ohren gekommen, daß Sie vor wenigen Tagen unserer Magd den Mietgroschen gesandt haben. Sie hätte ihn nicht behalten, wenn sie nur unseren Willen gewußthätte; sofern Sie ihre Gedanken so weit kommen lassen, daß sie sich recht besinnt, so behielten wir sie mit ihrem Willen und sie bot uns noch ein Jahr an. Also werden wir sie nicht eher abfolgen lassen, ehe Sie uns eine andere geben oder sie dient ihr Jahr aus, so kriegt sie ihren Lohn.

Das Geld, das Sie ihr gesandt haben, nemlich die 6 Groschen, die will ich behalten auf Lagerung, weil Ihr Mann mir noch 7 Dütken vor Brandwein schuldig ist. Als dann sie mir noch 2 Dütken dazu senden, so ist das richtig.

Mein Vater freut sich, wenn die Banken voll sündt, so predigt er mit Freuden ...(unleserlich).. seine Bosheit immer weiter zu verüben und den Prediger damit zu ärgern.

Er thut es aber nicht dem Prediger, sondern Gott und sich selbst. Gott wollen wir klagen, der wird schon wissen, Gutes und Böses zu vergelten. Sie thun uns genug, aber wir wollen das Ende abwarten. Vielleicht thuns sich selbst. Sie haben zu meines lieben Vaters Sarg die Nägel schon fertig und die Dielen zugeschnitten. Also fehlt es an meinem lieben Vater, daß er nur seine Augen zuthun, so werden Sie es bald zusammenschlagen. Doch wer weiß, wen es am ehesten trifft, denn wir gehen alle unter Gottes Hand. Er hat sowohl über Sie zu gebieten, als über mich und einer anderen. Adjeu. Sie lebe wohl.

Agnes Grulichen

Dieser Brief schein das Ehepaar von Below sehr aufgebracht zu haben. Er wendet sich mit einer neuen Eingabe an das Consistorium und "repetiert nicht nur seine denunciation, sondern addiert selbiger dannoch:

1. daß als Filius Pastorius so gar injurieuse gesprochen, er ihm zunächst erwiedert. Er möchte mir seinen Respekt geben, der Studiosus Theologias geantwortet: "Das wäre nicht nötig, was er gesagt hätte, das hätte er gesagt."

2. daß des Pastoris filia an meine Frau einen Brief geschrieben, worinnen diese floculi injuriarum:

a) wir fingen liederliche Dinge an.

b) "Ihr Mann", quasi als wenn ich ein Bauer und meine Frau eine Bäuerin wäre. Da sie  doch weiß, daß in Pustamin ich allein Patronus bin und Ihr Vater von meinem sel. Vater seine Vocation hat.

c) Ich hätte viel eingebrocket,

d) Meine unbedachte Bosheit,

e) meine Unbesonnenheit,

f) Sie, die Jungfrau hätte über die Kirchenbänke zu gebieten, ich garnicht.

g) sofern ihre (meiner Frau) Gedanken sie so weit kommen lassen. h, i, k, l, m) und schlüßt endlich mit einem Zeter- und Rach-Geschrey.

Solche harte und schwere, an sich offenbar liegende injurae sind, die keinem Christen geziemen, sie sind auch nicht aus Übereilung entsprungen, sondern deliberato animo ausgegossen, weil sie das Concept zurückbehalten und cum gaudilo anderen gezeigt hat; auch sie nicht allein ist daran schuld, sondern wie ich es ihrem Vater remonstrieren lassen, hat er nicht einmal sauer dazu gesehen, sondern der Hohepriester Eli kein sanftmüthiges Strafwort hören lassen, sondern sie zu defendieren versprochen, welches wahrlich respessimi exempli an einem Pastore, welcher anderen mit einem guten exemplo vorgehen, am Patrono, welchem man seine competirenda nicht schmälern und an der Gemeine, welche man durch dergleichen That nicht ärgern sollte.

Allein ich denunciere ferner:

3. daß Herr Pastor contra ordinationem Ecclesiastici Tit. 11. vom Predigtamt,  sonderlich ibi: "Selbst keine Krüge halten" in seinem Hause von seinen Leuten Branntwein ausschänken läßt: Der Beweis

stecket in der Herrn Pastoris Jungfertochter Bekenntnis.

4. Als dessen Jungfertochter an eben dem   Sonntage, da Ehren Pastor die Kgl. schöne Verordnung vom 27.03. anni currentis

publicieret, welche wider die Entheiligung des Sonntags lautet, ipso eodem momento publicationis Branntwein verkauft, wie durch die Personen, welche selbigen geholet, erwiesen werden kann und soll.

5. daß, sie sich öffentlich verlauten lassen, Sie bedauerten, daß Sie Ihren Herrn von Puttkammer, wie er ohnlängst bei ihnen gewesen, nicht Arm und Beine entzwei geschlagen.

6. daß Herrn Pastorie filius im Beisein von Frau von Damitzen und meines Kutschers Martins bedrohlich ausgesagt,daß er diesem    meinen Knecht mit dem Schneidemesser, welches er hervorgezogen und gewiesen, den Hals abschneiden wollen.

7. daß der Herr Pastor meinen Informatoren, der doch nichts jemals mit ihm zu thun gehabt, vom Beichtstuhl abweisen wollen.

8. Mir auch willen lassen, daß er mich nicht zur Beichte annehmen würde, noch wolle.

9. und endlich, daß er meinen Leuten und Unterthanen, welche das summarische attestatum, so ich neulich copeylich angefüget, abgelegt, auf eine ganz fremde und unverantwortliche Art gedroht.

Er wolle sie wohl kriegen und ihnen lehren, was Eide wären, und, daß sie nicht wider  ihren Prediger zeugen müßten, wenn auch die Herrschaft mit einer Keule, en Papatum ! über ihnen stände.

Und weil auch bei diesen Umständen und da der Pastor mir ausdrücklich sagen lassen, daß er mich nicht ad sacra admittieren würde. Ich mit den Meinigen bei ihm mich im Beichtstuhl nicht einfinden kann; so ist meine anderweitige Bitte, den Herrn Pastori zu Dünnow, Crantzen, anzubefehlen, daß er mich zusammt meiner Freu und Kindern zur Beichte und Communion an interim annehmen soll.

Seiner anderen Bitte, daß der Rat und Advocatus Pisci, Köhnen, mit der Untersuchung der Angelegenheit betraut würde, entsprach das Consistorium. Köhnen scheint aber Jakob Grulich geneigt gewesen zu sein, denn Jakob schreibt in einem sehr ruhigen Briefe an das Consistorium unter anderem:

"Ich habe mich über sein (von Below) Verfahren sehr verwundern müßen, da ich wohl grosse Ursache zur Denunciation gehabt, als auch der Herr Advocatus Fisci mir solches an die Hand gegeben, wie die copeyliche Beilage seines Briefes an mich bezeuget; ich habe aber den gelinderen Weg gewählt, weil ich in meinem hohen Alter mit weitläufigen Prozessen und beschwerlichen Reisen gern verschont wäre."

Schließlich bittet er um eine gründliche Untersuchung. Das genannte Schreiben des Herrn Köhnen lautet folgendermaßen:

"Weil mir von gewußter Hand denunciert worden, daß der von Puttkammer und von Below bey der Nacht große Gewalt in der Pfarre betrieben und einen Knecht zur milice herausgeholt, so bitte aus Rügenwalde bis Mittwoch und hernach bis Stargard mir davon seine sentimentale zu überschreiben, dabey ich versichere, daß alles bei mir versterben solle, wie mein Eid mitbringt."

Am 27.06.1708 wurde die ganze Angelegenheit schließlich durch einen Vergleich beigelegt, der folgendermaßen abgefaßt ist:

"Nachdem zwischen M. Christoph von Belowen als Patrone dieses Ortes und Ehren Jacobo Grulichio als Pastori hierselbst und dessen Domestiquen einige Irrungen entstanden, welche zu untersuchen das Kgl. Consistorium den G. Hofrat und Hauptmann von Massow und dem Herrn Präposito zu Stolp, Herrn Sprögeln aufgetragen, so haben Commisarii für gut befunden im heutigen termino Commisionis die gütliche Handlung unter beiden Teilen vorzunehmen und dadurch allen Ärgernis und Verbitterung zwischen dem Herrn Pastor und dem Herrn Patrono und den Seinigen aufzuheben, da dann die Sache folgendermaßen verglichen und aus dem Grunde gehoben:

  1. daß der Herr Pastor sowohl als der Patronus sich gegeneinander erklärt, daß    sie ein von dem anderen nichts als was der Ehre zustände zu sagen hätten, künftig auch in gutem Vertrauen sich einander   begegnen wollen, und weil
  2. der ganze Streit von Hans Purowen, welcher itzo als ein freier Mann sich Herrn  Pastoris Kathen befindet, entstanden in dem derselbe aus des Herrn von Below Diensten getreten, so längst der Herr Pastor geschehen, daß der Herr von Below denselben abstrafen, dernächst kann er so lange in dem Kathen bleiben, bis der fiskalische Prozess, so Hans Purowen gemacht wird, seine Endschaft gewinnt.  Alsdann aber kann er wieder des Herrn von Below Willen nicht länger bleiben.
  3. Bleibt es wegen der Kirchenbanken bei der alten Oservanz und alle beide dem Herren Pastori vorbehalten, doch der Frau Patronin unbenommen, die Vorderbank, wenn sie ad sacra geht, zu betreten, in welcher Absicht denn die Frau Pastorin keine unanständlichen Leute in den Stuhl führen wird.
  4. Wegen des Schreibens, so des Herrn Pastoris Jungfer Tochter Agnes an die Frau Patronin ergehen lassen, wodurch die Frau Patronin sich gar sehr beleidigt vermeint, erklärt sich die obgedachte Jungfer,daß sie keineswegs gemeint gewesen, dadurch den Respekt, den sie ihr, als der Frau Patronin schuldig, aus den Augen setzen wolle, auch alle Worte, so die Frau Patronin zu ihrer Beleidigung miehen wolle, dahin gedeutet haben, daß sie im geringsten nicht gemeint, sie dadurch zu beschimpfen, wogegen die Patronin sich erklärt, das Passierte zu vergessen, auch wenn das Mädchen, so ausgebracht, als wenn sie vor der Zeit des obgedachten  Schreibens sich unanständige Drohungen wider obgedachte Jungfer vernehmen lassen, dessen überführt werden könnte solches der Gebühr noch anstrafen zu lassen, weil auch    ....................
  5. des Herrn Pastoris Sohn, Herr Michael Christian Gruligius, von dem Herrn Patroni übel traktiert zu sein vermeint, dieser aber dagegen einwendet, daß er ungebürlich von demselben zuerst angeredet worden, so ist die Sache dadurch gehoben, daß Herr Gruligius hoch contestiert, nicht gewußt zu haben, daß Herr von Below zu der Zeit präsens gewesen, dagegen der Herr von Below ebenmäßig sehr hoch contestiert, daß er nicht gewuß, daß Herr Gruligius derjenige gewesen, so ihn geschimpfet, sonsten er auch nicht so, wie geschehen tractiert hätte.

Womit denn also die ganze Sache behoben, beide Teile gänzlich ausgesöhnt und sich unter einander mit Bescheidenheit und Liebe einer dem anderen zu begegnen erklären.

Actum loco et die ut supra.

C.C von Massow. als Commissarius. Joh. Heinrich Sproegel, Präp. Commisarius.

Jakobus Grulichius, Pastor Martinus Wibbe als Beistand. Michael Christianus, Grulichius. S.S. Theol. Stud. Matthias Natanael Sporger, Notar.

Nach getroffenem Vergleich hat der Herr von Below den Hans Furow mit der ganzen Strafe auf seinem Hofe belegt, ist aber auf Vorbitten der Herren Commisare sogleich wieder losgelassen.

Kaum war dieser Streit beendet, als neue Zwistigkeiten ausbrachen, die zu einem ebenso langwierigen Schriftwechsel führten.

Darin spielt auch der Schwiegersohn Jakobs, Christian Boye, der Ursula Grulich geheiratet hatte und in dem benachbarten Lantzig Pastor war, eine Rolle.

Auch der Brief von ihm ist erhalten. Von einer Wiedergabe der Einzelheiten ist hier abgesehen. Die Vorgänge befinden sich in unseren Familienakten. Sie sind familiengeschichtlich nicht von Bedeutung. Im wesentlichen handelt es sich um die erneute Weigerung Jakobs, den von Below zum Abendmahl zuzulassen, weil er angeblich eine seiner Mägde geschwängert hatte.

Von Jakobs Kindern wissen wir folgendes: In dem von ihrem Vater angelegten und geführten Taufregister von Pustamin sind sie als getauft merkwürdigerweiser nicht aufgeführt, nur als Paten werden drei seiner Kinder darin genannt und zwar Ursula, Michael Christian und Agnes.

  1. Ursula heiratete am 11.07.1692 den 1691 verwittweten Pastor Christian Boye in Lantzig (geb. 19.08.1663, von 1691 - 1720 Pastor in Lantzig; gest. 08.07.1720). Sein Vater - aus Rügenwalde stammend - war vor   ihm in Lantzig Pastor gewesen. Aus der Ehe sind 7 Kinder hervorgegangen. Sie starb am 17.05.1746.
  2. Agnes: von ihr ist nur bekannt, daß sie in Pustamin Pate gestanden hat. Sie ist die Verfasserin des hier wiedergegebenen Briefes, der für ihre Liebe zum Vater  ebenso spricht, wie für ihre Energie.
  3. Michael Christian: von ihm wissen wir nur, daß er 1708 stud. Theol. war, nach seinem Verhalten dem Herrn von Below gegenüber aber kein stiller gottergebener Dulder im Herrn gewesen sein kann.
  4. Anna Katharina: verheiratet mit Martin Witte. Sie starb bereits 1710. Der Ehe  entstammen mindestens zwei Töchter:

a) Katharina Elisabeth, verh. mit Paul Jakob Witte am 20.11.1713.

Witte war von 1714 bis zu seinem Tode 1724 Pastor in Varchmin

b) eine Tochter unbekannten Vornamens, oo  Diakonus Christian Heyn,  1726 - 1731 Nachfolger seines Schwiegervaters Martin Witte war.

Martin Witte selbst stammte aus Rummelsburg, war 1686 Pastor in Treten, 1697 Diaconus in Rügenwalde, 1701 - 1726 daselbst Archidiakonus. Er wurde am 08.02.1728 mit Leichenpredigt begraben.

Die Familien Grulich   Das Familienwappen   Herkunft   Vorgeschichte des Geschlechts   Stammfolge   Ahnenspitzen von Knut Grulich   Richard I   Vitae Richard I   Richard II   Hans   Olga   Karl   Die Damsdorfer   Namensvetter   Die Stadt Grulich   Geschichte Pommerns